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Vereinswissen 13 Min. Lesezeit Andreas Kling

VereinswissenBarrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG & BaFG): Digitale Barrierefreiheit für Vereine

Seit Juni 2025 verpflichtet das deutsche Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und das österreichische Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) - basierend auf dem European Accessibily Act (EAA) - alle Anbieter bestimmter Produkte und Dienstleistungen, ihre Angebote für Menschen mit Behinderungen nutzbar zu machen. Das betrifft auch Vereine, sobald diese bestimmte digitale Dienste und Produkte an Personen aus einem EU-Land anbieten (z.B. Tickets, Fan-Artikel, Kursbuchungen), oder die Spenden über ihre Webseite sammeln. Für mittlere und kleine Vereine gibt es aber Ausnahmen.

In diesem Artikel erfahrt ihr, ob euer Verein Maßnahmen ergreifen muss, was sich konkret ändert und wie ihr eure digitale Präsenz Schritt für Schritt barrierefrei gestaltet. Freut euch auf praxisnahe Tipps, anschauliche Beispiele und eine kompakte Checkliste. Entdeckt, wie das BFSG bzw. BaFG nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch eine Chance für mehr Inklusion und Reichweite sein kann.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das BFSG bzw. BaFG gilt für Vereine, die bestimmte Produkte wie Selbstbedienungsterminals, Geldautomaten usw. herstellen oder verkaufen. Oder die Dienstleistungen anbieten, die zu einem Verbrauchervertrag führen, wie z. B. ein Fan-Shop oder Kursbuchungen.
  • Vereine, die zwar solche Dienstleistungen anbieten, aber weniger als 10 Vollzeitstellen besetzen und einen jährlichen Umsatz oder eine Bilanzsumme von höchstens 2 Mio. Euro haben, profitieren von der Kleinstunternehmerregel und sind ausgenommen (BFSG § 3 Abs. 3 und § 2 Abs. 17 bzw. BaFG §6). Deshalb ist in Deutschland und Österreich für über 90 % der Vereine das BFSG bzw. BaFG nicht verpflichtend.
  • Für Vereine in der Schweiz gelten dieselben Regeln, aktuell aber nur, wenn bestimmte digitale Angebote auch von Privatpersonen in EU-Ländern genutzt werden. Der Bundesrat hat bereits eine Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) vorgestellt. Das BehiG soll demnach bis zum 01.01.2027 an den European Accessibility Act (EAA) angeglichen werden.
  • Webseiten, Vereins-Apps, Buchungssysteme, usw., die unter das Gesetz fallende Dienstleistungen anbieten, müssen die in den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) mit A und AA gekennzeichneten Kriterien einhalten und eine Barrierefreiheitserklärung veröffentlichen.
  • Die ganze Vereinswebseite, Platz-Reservations-Apps, etc. müssen angepasst werden, wenn darauf solche Dienstleistungen angeboten werden und der Verein unter das BFSG/BaFG fällt.
  • Angebote, die ausschließlich durch den Mitgliedsbeitrag abgedeckt sind, fallen hingegen nicht unter das BFSG bzw. BaFG, sofern hierbei keine zusätzliche Bindung/Buchung notwendig ist.
  • Stichtag: Das BFSG und das BaFG gelten seit dem 28. Juni 2025.
Frau im Rollstuhl arbeitet am Laptop

Die Bedeutung des BFSG bzw. BaFG für Vereine

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) bzw. Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) soll gewährleisten, dass Produkte und Dienstleistungen in Deutschland und Österreich künftig für Menschen mit Behinderungen leichter zugänglich und nutzbar werden. Viele Vereine oder Verbände wissen auf den ersten Blick nicht, ob sie tatsächlich von diesen Regelungen betroffen sind – häufig gehen sie davon aus, das Gesetz richte sich nur an große Unternehmen oder Verbände. Tatsächlich gilt das BFSG bzw. BaFG jedoch grundsätzlich auch für Vereine oder Verbände, außer bestimmte Voraussetzungen sind erfüllt.

Im Folgenden erfahrt ihr, ob das BFSG bzw. BaFG für euren Vereine gilt und welchen Nutzen es euch (und allen Mitgliedern) über die bloße Gesetzeskonformität hinaus bringen kann.

Ursprung und Ziel des BFSG bzw. BaFG

Der Startschuss für das BFSG und BaFG erfolgte durch die EU-Richtlinie 2019/882 im Jahr 2019 (auch „European Accessibility Act“ oder „EAA“ genannt). Das BFSG überträgt diese EU-Vorgaben in deutsches Recht. Seit dem 28. Juni 2025 müssen die im Gesetz erfassten Dienstleistungen (BFSG § 1 Abs. 3 bzw. BaFG § 2 Abs. 2), und Produkte (BFSG § 1 Abs. 2 bzw. BaFG § 2 Abs. 1), den festgelegten Barrierefreiheitsanforderungen entsprechen (BFSG § 3 und folgende bzw. BaFG § 4). Dies soll Hürden und mögliche Herausforderungen verringern, damit Menschen mit Behinderungen möglichst selbstbestimmt teilhaben können.

Den genauen Wortlaut des ganzen Gesetzes kann man auf der Webseite „gesetze-im-internet.de“ des „Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz“ unter BFSG bzw. auf dem österreichischen „Rechtsinformationssystem des Bundes“ unter „Gesamte Rechtsvorschrift für Barrierefreiheitsgesetz“ nachschlagen.

Was heißt „Barrierefreiheit“?

Barrierefrei sind Angebote, die so gestaltet sind, dass sie ohne besondere Erschwernis und möglichst ohne fremde Hilfe von Menschen mit Behinderungen genutzt werden können (z. B. durch Tastaturbedienbarkeit einer Website, Text und Icons mit hohem Kontrast, Vorlesbarkeit durch Screenreader, etc.). Gerade digitale Zugänge (Websites, Apps, Online-Portale) spielen beim BFSG und BaFG also eine zentrale Rolle.

Geltungsbereiche des Gesetzes für Vereine

Das neue Gesetz umfasst Barrierefreiheitsvorgaben für bestimmte Produkte (z. B. Ticket-Automaten, IT-Hardware, Zutrittskontrollgeräten) und bestimmte Dienstleistungen (z. B. E-Commerce-Shops, Bankdienstleistungen, Telekommunikationstools). Eine Auflistung davon findet ihr unten im Abschnitt „Welche Dienstleistungen sind betroffen?“. Das heißt, dass auch Vereine, die z.B. eine Vereinswebseite, Online-Anmeldeformulare oder einen Fan-Shop anbieten, dadurch betroffen sein können.

Grundsätzlich gibt es klare Pflichten für die „Wirtschaftsakteure“, zu denen auch Vereine zählen, wenn sie entsprechende Dienste für Verbraucher anbieten und nicht aufgrund der Kleinstunternehmerregel vom BFSG bzw. BaFG ausgenommen sind. Bevor sich der Ratgeber diesen gesetzlichen Anforderungen widmet, geht es zunächst um den grundsätzlichen Mehrwert durch die Umsetzung des Gesetzes, unabhängig davon, ob man es umsetzen muss oder nicht.

Inklusion in der Satzung bzw. den Statuten

Eine Pflicht, Grundsätze zur Inklusion von Menschen mit Behinderung in den Statuten bzw. der Satzung festzuhalten, gibt es nicht. Beim BFSG, BaFG bzw. BehiG geht es zudem lediglich um die Barrierefreiheit von digitalen Angeboten eures Vereins und nicht darum, ob und in wieweit eure Trainings, Veranstaltungen oder eure Anlagen, Räumlichkeiten, usw. barrierefrei sind. Auch dazu sollte sich euer Verein Gedanken machen und eure Inklusionsgrundsätze gegebenenfalls in der Satzung (DE) bzw. den Statuten (CH) festhalten. Weitere Infos, was Pflicht-, Soll- oder Kann-Inhalte der Satzung bzw. Statuten sind, findet ihr im ClubDesk Vereinswissens-Ratgeber „Vereinssatzung“ (für DE) bzw. „Vereinsstatuten“ (für CH).

Worin liegt der Nutzen für Vereine?

Man könnte meinen, dass das BFSG bzw. BaFG einen kleinen Verein aufgrund der Kleinstunternehmerregel gar nicht betrifft oder dieser keinen Mehrwert daraus ziehen kann. Doch Barrierefreiheit bietet Vereinen gleich mehrere Vorteile:

Zielgruppe vergrößern

Wenn eure Vereins-Webseite und eure Angebote barrierefrei sind, können auch Menschen mit Behinderungen eure Vereinsangebote nutzen: sich über Anlässen informieren, den Verein mit Spenden unterstützen, Fan-Artikel kaufen, u.v.m.. In Deutschland gelten mindestens 10.4 Millionen und in der Schweiz 1.7 Millionen Personen als Menschen mit Behinderung.

Oft profitieren auch ältere oder weniger technikaffine Menschen von einer sehr einfachen, klaren und gut strukturierten Webseite.

Image und Professionalität

Eine barrierefreie Website, gut zugängliche Veranstaltungen und inklusive Kommunikation wirken nach außen sehr professionell. Gerade bei Förderanträgen oder öffentlichen Geldern kann dies ein entscheidendes Plus sein.

Inklusion (vor)leben

Viele Vereine legen Wert auf Teilhabe und Inklusion – und zwar nicht nur für Mitglieder, sondern für alle Bürger*innen in ihrem Umfeld. Eine barrierefreie Vereinsarbeit setzt ein starkes Zeichen für Offenheit.

Rechtliche Sicherheit

Sobald ein Verein über die im Gesetz definierten Grenzen (z. B. Kleinstunternehmensgrenze) hinauswächst und bestimmte Dienstleistungen oder Produkte für Verbraucher anbietet, wird das BFSG bzw. BaFG verbindlich.

Wer frühzeitig aktiv wird, spart sich potenzielle Rechtsstreitigkeiten oder behördliche Auseinandersetzungen.

Beispiel
Stellt euch einen Sportverein vor, der Online-Tickets für sein jährliches Turnier verkauft und dies über die Vereins-Webseite anbietet. Wenn diese barrierefrei gestaltet ist, haben nicht nur Menschen mit Sehbehinderung und Menschen mit motorischen Einschränkungen, sondern auch ältere Nutzer*innen oder eine Person, die einfach ihre Brille gerade nicht finden kann, keine Probleme beim Online-Kauf. Das verbessert nicht nur die Teilhabe, sondern erhöht auch eure Ticketverkäufe.

Software-Tipp
Seit der Version 4.5 sind alle mit der Vereinssoftware ClubDesk erstellten Vereinswebseiten automatisch barrierefrei und können z.B. per Tastatur bedient oder deren Inhalte mit Screenreadern vorgelesen werden. So können alle Mitglieder, Unterstützer und Interessierte eure digitalen Vereinsangebote unabhängig von individuellen Einschränkungen einfach nutzen. Wenn ihr erfahren wollt, was ClubDesk darüber hinaus noch bezüglich Barrierefreiheit für euch alles macht, lest gerne den Beitrag zum Release-Update 4.5.

Dann gilt das BFSG bzw. BaFG für Vereine

Das BFSG bzw. BaFG richtet sich an „Wirtschaftsakteure“ wie Hersteller, Händler oder Dienstleistungserbringer. Letzteres ist für Vereine wichtig: Vereine können nämlich dann in den Fokus rücken, wenn sie „Dienstleistungen für Verbraucher“ anbieten und damit zu Dienstleistungserbringern werden.

Wichtig dabei ist die Definition des Begriffs „Verbraucher“: Mit „Verbraucher“ sind im Gesetz private Endnutzer*innen gemeint, also Einzelpersonen, die Leistungen nicht zu gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Zwecken in Anspruch nehmen. Angebote an Firmen sind also ausgenommen.

Bietet euer Verein also etwas für Privatpersonen an, das auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags abzielt - z. B. die Teilnahme an kostenpflichtigen Workshops, Seminaren oder den Online-Verkauf von Fan-Artikeln - gilt dies als „Dienstleistung“ im Sinne des Barrierefreiheitsgesetz. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Mitglieder des Vereins oder sonstige Privatpersonen handelt.

Auch für kostenlose Leistungen

Das BFSG bzw. BaFG betrifft vor allem Leistungen, die gegen Entgelt erbracht werden, aber nicht nur. Auch bei kostenlosen Leistungen, bei denen ein Verbrauchervertrag gilt, wird die Einhaltung des BFSG bzw. BaFG verpflichtend. Verpflichtet ihr euch z.B. durch die Anmeldung von Personen dazu, einen Kurs durchzuführen, oder verpflichten sich Angemeldete, sich im Verhinderungsfall rechtzeitig abzumelden, gilt auch bei einem kostenlosen Angebot ein Verbrauchervertrag.

Nicht für Mitgliederantragsformular

Das Beantragen einer Vereinsmitgliedschaft gilt hingegen nicht als Anbahnen eines Verbrauchervertrags, und zwar selbst dann nicht, wenn dadurch ein in der Satzung definierter Mitgliedsbeitrag fällig wird.

Dann gilt das BFSG bzw. BaFG nicht für Vereine

Unter bestimmten Umständen gilt das deutsche Barrierefreiheitsstärkungsgesetzt (BFSG) bzw. das österreichische Barrierefreiheitsgesetzt BaFG nicht. Hier die entsprechenden Regelungen:

1. Kleinstunternehmen bzw. kleine Vereine

Die meisten Vereine in Deutschland sind nicht vom BFSG betroffen, da das BFSG Kleinstunternehmen, die betroffene Dienstleistungen anbieten, von der Pflicht zur Barrierefreiheit befreit. Damit sind Unternehmen, aber auch Vereine gemeint, die sowohl

  • weniger als 10 Personen beschäftigen (Lohn- und Gehaltsempfänger und Personen die nach deutschem Recht Arbeitnehmer*innen gleichgestellt sind)

als auch

  • einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von unter 2 Mio. Euro haben.

Nur, wenn beide Bedingungen erfüllt sind, ist euer Verein von der Pflicht zur Barrierefreiheit ausgenommen. Diese Ausnahme gilt nur für Dienstleistungen und nicht für Vereine die betroffene Produkte herstellen.

Berechnung der Mitarbeiterzahl

Für die Berechnung der Mitarbeiterzahl wird der Beschäftigungsgrad während eines Jahres berücksichtigt (Jahresarbeitseinheiten). Wenn jemand also nur mit einem Teilzeitpensum vom 50% angestellt ist oder nur von Juli bis Dezember zu 100% für den Verein als Angestellte*r tätig war, zählt die Person nur als halbe*r Mitarbeiter*in.

Ehrenamtliche Mitarbeiter*innen und auch Auszubildende werden nicht mitgezählt.

Wer alle Details für die Definition von Kleinstunternehmen nachlesen will (z.B. ob die MwSt für Jahresumsatz mitgerechnet wird, was passiert wenn mal ein Grenzwert während eines Jahres überschritten wird), kann dies auf der Webseite „EUR-Lex“ der Europäischen Union im Dokument „32003H0361“ nachlesen.

2. Digitales Angebot von Leistungen ohne Verbrauchervertrag

Bietet ein Verein auf seiner Webseite, Vereins-App, usw. lediglich Inhalte informativer Natur (Spieltermine, Auftrittslisten, Vereinssatzung, usw.) oder Angebote, die ausschließlich durch den Mitgliedsbeitrag abgedeckt sind (sofern hierbei keine zusätzliche Bindung/Buchung notwendig ist), erfordert das nicht die Umsetzung des BFSG.

3. Keine Dienstleistungen für Privatpersonen in der EU

Wenn euer Verein keine Dienstleistungen für Privatpersonen in der EU anbietet, sondern z.B. nur Leute aus der Schweiz eure Dienstleistungen nutzen können, dann gilt das BFSG bzw. BaFG für euch nicht.

Tipp für Schweizer Vereine: Der Schweizer Bundesrat hat bereits 2024 eine Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) vorgestellt, das sich auf den European Accessibility Act stützt und auf das die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats im März 2025 ohne Gegenstimme eingetreten ist. Der aktuelle Plan des Bundesrats sieht vor, das Gesetz per 01.01.2027 in Kraft zu setzen.

Es ist also zu erwarten, dass für Schweizer Vereine, wie schon beim Datenschutz, auch für die Barrierefreiheit bald sehr ähnliche Regeln gelten werden wie für Vereine in der EU. Mehr Infos zur Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes findet man auf der Website der Stiftung „Zugang für alle“ im Artikel „Teilrevision des BehiG“.

4. Unverhältnismäßige Belastung für Vereine

Vereine, die formal zwar unter das BFSG fallen, können sich auf Abschnitt 4 §17 „Unverhältnismäßige Belastungen, Verordnungsermächtigung des BFSG berufen (BaFG § 18), wenn die Umsetzung der Barrierefreiheitsanforderungen wirtschaftlich oder technisch nicht zumutbar wäre. Damit spielt das Gesetz auf nicht zumutbare personelle oder finanzielle sowie technische Herausforderungen an. Allerdings kann sich ein Verein nicht einfach auf die Unverhältnismäßigkeit berufen, ohne sie fundiert zu begründen. Ihr müsst nachweisen (z. B. mittels einer Kosten-Nutzen-Rechnung), dass es für euch nicht machbar ist, die BFSG-Vorgaben umzusetzen.

Die Kriterien für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit der Belastung findet ihr in Abschnitt 10 § unter Anlage 4 im BFSG (BaFG Anlage 4). Diese Dokumentation muss ggf. der Marktüberwachungsbehörde oder anderen zuständigen Stellen vorgelegt werden. Daher solltet ihr auf Nachfragen vorbereitet sein, z. B. durch Vorlage eines internen Gutachtens, warum bestimmte Anpassungen finanziell oder organisatorisch nicht leistbar sind. Die Behörden werden genau hinschauen, ob wirklich eine Unverhältnismäßigkeit besteht oder ob mit kleinen Maßnahmen bereits viel erreicht werden könnte.

Beispiel
Ein Chorverein veröffentlicht auf seiner Webseite das Programm für die nächsten Auftritte. Damit ist der Chorverein noch nicht vom BFSG betroffen. Derselbe Chorverein bietet nun aber Online-Tickets für seine Auftritte an. Jetzt ist der Verein vom BFSG betroffen, sofern er nicht unter die Kleinstunternehmens-Schwelle fällt.

Zusammenfassung: So seht ihr, ob euer Verein vom BFSG bzw. BaFG betroffen ist

Ob euer Verein tatsächlich verpflichtet ist, die Vorgaben des Barrierefreiheitsgesetzes (BFSG bzw. BaFG) umzusetzen, hängt also im Wesentlichen von drei Fragen ab:

  1. Bietet der Verein eine der im BFSG stehenden „Dienstleistungen für Verbraucher“ o. Produkte an?
  2. Können Verbraucher in der EU eure Angebote nutzen?
  3. Ist der Verein als „Kleinstunternehmen“ ausgenommen oder nicht?
Infografik, wann das BFSG bzw. BaFG für Vereine umzusetzen ist

Strafen bei Verstoß

Um unnötige Risiken zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Anforderungen des BFSG bzw. BaFG ernst zu nehmen und zu prüfen, ob der eigene Verein betroffen ist (siehe Abschnitt „Wann gilt das BFSG bzw. BaFG für meinen Verein?“ und „Dann gilt das BFSG bzw. BaFG nicht für Vereine“). Wer rechtzeitig aktiv wird, schützt seinen Verein nicht nur vor Bußgeldern, sondern zeigt auch, dass Inklusion ernst genommen wird.

Deutschland und Österreich haben eigene Marktüberwachungsbehörden, welche die Einhaltung der Vorgaben des BFSG bzw. BaFG überprüfen. Wenn dies so abläuft wie bei der Einführung des DSGVO, werden die Behörden anfangs stichprobenartig vorgehen und den Vereinen bei festgestellten Problemen zunächst Gelegenheit geben, diese zu beheben.

Für Vereine gilt: Sobald die Behörde Mängel beanstandet, ist es wichtig, schnell aktiv zu werden. Ignoriert ein Verein die Aufforderung zur Korrektur oder nimmt er sie nicht ernst genug, könnte dies langfristig zu empfindlichen Bußgeldern führen. Diese können – je nach Schwere und Reichweite des Problems – bis zu 100.000 Euro betragen.

Im Regelfall haftet dabei der Verein selbst, also nicht einzelne Mitglieder. Dennoch sollten Vorstandsmitglieder bedenken, dass in seltenen und besonders schwerwiegenden Fällen auch eine persönliche Haftung möglich ist.

Diese Produkte und Dienstleistungen sind betroffen

Seit Sommer 2025 gilt nach dem BFSG und BaFG die Grundregel, dass alle unter das Gesetz fallenden Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen barrierefrei sein müssen. Bei Vereinen dürfte das in erster Linie Dienstleistungen betreffen. Dennoch geht der Blick hier in diesem Ratgeber kurz auf die betroffenen Produkte und danach auf die Dienstleistungen.

Produkte im Sinne des BFSG bzw. BaFG

Das BFSG bzw. BaFG erfasst neben Dienstleistungen auch verschiedene Produkte, die Verbraucher direkt nutzen, wie etwa Selbstbedienungsterminals, Geldautomaten, Smartphones, Tablets, E-Book-Reader oder Fernsehgeräte mit Zugang zum Internet. Für die meisten Vereine dürfte dieser Produktbereich in der Praxis allerdings nicht zutreffen, da sie solche Geräte weder herstellen noch direkt an Verbraucher verkaufen. Dennoch sollten Vereine auch diesen Bereich im Blick haben, falls sie digitale Produkte wie diese für Mitglieder oder Fans öffentlich anbieten.

Den genauen Wortlaut kann man auf der Webseite „gesetze-im-internet.de“ des „Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz“ im BFSG unter „Zweck und Anwendungsbereich“ § 1 Absatz 2" nachlesen (BaFG §2 Absatz 1).

Dienstleistungen im Sinne des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

Das BFSG nennt fünf und das BaFG sechs zentrale Dienstleistungs-Arten, die für Verbraucher barrierefrei sein müssen. Dabei geht es um Leistungen, die von Privatpersonen genutzt werden. Für Vereine kommt in der Praxis vor allem Punkt 6 (Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr) ins Spiel. Dennoch folgt hier eine schnelle Übersicht aller Arten:

1. Telekommunikationsdienste

Dazu zählen z. B. Telefon-, Internet- oder Mobilfunkdienste. Das betrifft Vereine in der Regel nicht.

2. Audiovisuellen Mediendiensten (nur im BaFG)

Dienste, die den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten ermöglichen.

3. Personenbeförderungsdienste (Bus, Bahn, Schiff, Flug)

Gilt vor allem für gewerbliche Betreiber von Transportleistungen. Vereine, die gelegentlich Ausflüge oder Fahrten zu Spielen organisieren, fallen normalerweise nicht darunter - selbst dann nicht, wenn sie etwa einen Reisebus für Mitglieder mieten. Entscheidend ist hier, ob die Beförderungsdienste Teil des im Mitgliederbeitrag enthaltenen Vereinszwecks sind oder ein Verbrauchervertrag entsteht.

4. Bankdienstleistungen

Zum Beispiel Kontoeröffnungen, Kreditverträge, Online-Banking, Zahlungsdienste, usw. Für Vereine meist irrelevant, es sei denn, sie betreiben tatsächlich eine Bank- oder Finanzdienstleistung.

5. E-Books

Angebot von E-Books (digitale Bücher) oder entsprechender Software - ebenfalls selten ein Geschäftsfeld von Vereinen.

6. Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr

Dieser Punkt kommt am häufigsten in Bezug auf Vereine vor. Hierunter fallen alle Medien, die elektronisch und interaktiv für Verbraucher bereitgestellt werden und dem Abschluss bzw. der Anbahnung eines Verbrauchervertrags dienen (Produktverkäufe, Spenden, Buchungen, usw.) - also alles, bei dem beim Dienstleistungserbringer oder -empfänger Rechte oder Pflichten entstehen. Typische Beispiele: Online-Shops für Fanartikel, Ticketverkauf über die Website, digitale Kursbuchung, Spendenformulare, Platzbuchung oder Trainerstunden.

Für Vereine heißt das konkret: Sobald ihr nicht unter die Kleinstunternehmer-Regelung fallt und als Dienstleistungserbringer für Privatpersonen am Markt tätig seid, müsst ihr dafür sorgen, dass jede Person – unabhängig von einer Behinderung – die Dienstleistung ohne fremde Hilfe und ohne besondere Erschwernis nutzen kann.

Beispiel
Ein lokaler Sportverein veranstaltet jedes Jahr ein Turnier und verkauft die Tickets ab sofort auch digital auf seiner Website. Nach dem BFSG müsste seit dem 28. Juni 2025 das gesamte Online-Verfahren barrierefrei sein: Die gesamte Internetseite, das Bestellformular, die Zahlungsfunktion, usw. sollten so gestaltet sein, dass auch Menschen mit Sehbehinderungen, motorischen Einschränkungen oder anderen Beeinträchtigungen die Tickets eigenständig buchen können (z. B. durch Tastaturbedienung, Screenreader-Kompatibilität etc.).

Den genauen Wortlaut kann man auf der Webseite „gesetze-im-internet.de“ des „Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz“ im BFSG unter „Zweck und Anwendungsbereich“ § 1 Absatz 3" nachlesen (BaFG §2 Absatz 2).

Konkrete Umsetzung des BFSG bzw. BaFG

Das BFSG selbst enthält keine Angaben darüber, welche konkreten Anforderungen erreicht oder welche technischen Kriterien erfüllt werden müssen. Im BaFG findet man diese in Abschnitt 6. Im BFSG wird aber in § 3 Absatz 2 das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, konkrete Anforderungen zu erstellen. Diese finden sich in der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV). Konkrete Kriterien, die erfüllt werden müssen, findet man schließlich in den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die gemäß Euro Norm 301 549 bindend sind. Auf die EN 301 549 wird im BFSG in § 4 „Konformitätsvermutung auf der Grundlage harmonisierter Normen“ Bezug genommen.

Eine im Rollstuhl sitzende Frau arbeitet in einem Café an ihrem Laptop

Barrierefreiheitserklärung

Gemäß § 14 Absatz 1 Punkt 2 im BFSG bzw. § 14 Absatz 2 im BaFG sind Dienstleistungserbringer verpflichtet, darüber zu informieren, wie sie die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen. Konkret bedeutet das, dass alle Vereine, für die das BFSG bzw. BaFG gilt, z.B. auf ihrer Vereinswebseite, einem Handyvereinskalender, auf digitalen Platzreservationssystemen, usw. eine sogenannte „Barrierefreiheitserklärung“ veröffentlichen müssen.

Die Barrierefreiheitserklärung muss unter anderem folgende Informationen enthalten:

  • Beschreibung der Dienstleistung: Eine verständliche Erklärung, worum es sich bei der Website, dem Onlineshop oder der App handelt.
  • Beschreibung der geltenden Barrierefreiheitsanforderungen: Ein Hinweis auf die technischen Standards (wie die EN 301 549 bzw. WCAG), die als Maßstab für die Barrierefreiheit dienen.
  • Stand der Vereinbarkeit mit den Anforderungen: Eine klare Aussage darüber, inwieweit die Website oder Anwendung die Anforderungen erfüllt (z. B. "vollständig vereinbar", "teilweise vereinbar", ...).
  • Liste nicht barrierefreier Inhalte: Falls Inhalte nicht barrierefrei sind, müssen diese genau benannt und die Gründe dafür erläutert werden (z. B. "unverhältnismäßige Belastung" oder "Inhalte von Dritten").
  • Erstellungsdatum: Das Datum, an dem die Erklärung erstellt wurde.
  • Zuständige Marktüberwachungsbehörde bzw. Beschwerdestelle: Nennung der Behörde, die für die Überwachung der Einhaltung des BFSG bzw. BaFG zuständig ist.
  • Feedback-Mechanismus: Eine leicht auffindbare Kontaktmöglichkeit (z. B. E-Mail-Adresse oder Kontaktformular), über die Nutzer*innen Barrieren melden und Informationen anfordern können.
  • Angaben zum Anbieter, Vertragsbedingungen etc.

Vor allem die Punkte „Stand der Vereinbarkeit mit den Anforderungen“ und „Liste nicht barrierefreier Inhalte“ lassen sich in der Praxis fast nur mit Hilfe eines entsprechenden Softwaretools ermitteln und dann auch fortlaufend überprüfen. ClubDesk hat dazu das kostenpflichtige Tool „Eye-Able Report“ verwendet. Dieses kann auch automatisch eine Barrierefreiheitserklärung erstellen. Eine kostenlose Alternative, die allerdings nur eine einmalige Prüfung durchführt, ist „Silktide Toolbar“.

Anforderungen gemäß BFSGV

Die Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV) enthält keine umzusetzenden Kriterien, aber die konkreten Ziele, die per Gesetzt erreicht werden müssen. Dazu gehören zum Beispiel:

Für Produkte
  • Produkte müssen Kommunikation, Bedienung, Information, Steuerung und Orientierung über mehr als einen sensorischen Kanal ermöglichen.
  • Produkte müssen Alternativen zu Farben zur Verfügung stellen, wenn mittels Farben Informationen mitgeteilt werden, zu einer Reaktion aufgefordert wird, Elemente gekennzeichnet werden, usw.

Eine Liste aller Anforderungen der BSFGV an Produkte findet ihr in den Paragraphen 4 bis 10.

Für Dienstleistungen
  • Webseiten müssen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden
  • Informationen werden über mehrere sensorische Kanäle bereitgestellt
  • Informationen werden Verbrauchern auf eine Weise dargestellt, die sie wahrnehmen können
  • Text wird mit angemessener Größe, ausreichendem Kontrast, ausreichenden Abständen, usw. angezeigt
  • Für nicht-textliche Inhalt (z.B. Bilder) wird eine alternative Darstellung des Inhalts angeboten

Eine Liste aller Anforderungen der BSFGV an Dienstleistungen findet ihr in den Paragraphen 12 bis 19.

Umzusetzende Kriterien gemäß WCAG

Weder das BFSG bzw. BaFG, noch die Verordnung (BFSGV) enthalten konkrete Kriterien bzw. technische Maßnahmen, die man für die Einhaltung des BFSG umsetzen muss. Diese findet man in den „Web Content Accessibility Guidelines“ (WCAG).

Die WCAG unterscheiden zwischen den drei Konformitätsstufen A, AA und AAA. Gemäß EN 301 549 sind die im WCAG mit A und AA gekennzeichneten Erfolgskriterien verbindlich einzuhalten. Dazu gehören z.B.:

Wahrnehmbarkeits-Kriterien
  • Nicht-Text-Inhalt: Alle Nicht-Text-Inhalte, haben eine Textalternative, die einem äquivalenten Zweck dient (Stufe A)
  • Benutzung von Farbe: Farbe wird nicht als einziges visuelles Mittel benutzt, um Informationen zu vermitteln, eine Handlung zu kennzeichnen, eine Reaktion zu veranlassen oder ein visuelles Element zu unterscheiden (Stufe A)
  • Kontrast (Minimum): Die visuelle Darstellung von Text und Bildern von Text hat ein Kontrastverhältnis von mindestens 4,5:1 (Stufe A)
Bedienbarkeits-Kriterien
  • Tastatur: Alle Funktionalitäten des Inhalts sind durch eine Tastaturschnittstelle bedienbar (Stufe A)
  • Seite mit Titel versehen: Webseiten haben einen Titel, der Thema oder Zweck beschreibt (Stufe A)
  • Fokus sichtbar: Jede durch Tastatur bedienbare Benutzerschnittstelle hat einen Bedienmodus, bei dem der Tastaturfokus sichtbar ist (Stufe AA)
  • Blöcke umgehen: Es gibt einen Mechanismus, um Inhaltsblöcke zu umgehen, die auf verschiedenen Webseiten wiederholt werden (Stufe A)
Verständlichkeits-Kriterien
  • Fehlererkennung: Wenn ein Eingabefehler automatisch erkannt wird, dann wird das fehlerhafte Element identifiziert und der Fehler wird 
  • Benutzer*innen in Textform beschrieben (Stufe A)
  • Beschriftungen oder Anweisungen: Wenn der Inhalt eine Eingabe durch Benutzer*innen verlangt, werden Beschriftungen (Labels) oder Anweisungen bereitgestellt (Stufe A)
Robustheit-Kriterien
  • Kompatibel: Maximiert die Kompatibilität mit aktuellen und zukünftigen Benutzeragenten, einschließlich assistierender Techniken (z.B. Screen Readern (Stufe A)

Software-Tipp:
Fast alle diese Anforderungen erfüllen Vereinswebseiten, die mit ClubDesk erstellt werden, automatisch, oder es ist einfach, sie zu erfüllen. Für die Überprüfung der Barrierefreiheit von Webseiten, z.B. ob eure Vereinsfarben genügend Kontrast aufweisen oder für einzelne Bilder noch Alternativtexte fehlen, empfiehlt ClubDesk die Nutzung von Online Accessibility Checkern wie Eye-Able Report (Profitool) oder Silktide Toolbar (kostenlos).

Frau schaut lächelnd auf Laptop

Vier Prinzipien barrierefreier Webinhalte

Im Folgenden erfahrt ihr, auf was die obenstehenden Begriffe in der Praxis abzielen. Anschließend zeigt euch der Ratgeber, welche konkreten Maßnahmen ihr auf der Vereins-Website (z. B. bei Formularen, Download-Dokumenten oder Videos) umsetzen könnt.

1. Wahrnehmbar

Für viele Besucher*innen ist es eine Herausforderung, Informationen auf einer Website visuell erst einmal überhaupt zu erkennen:

Kontraste zwischen Text und Hintergrund sollten ausreichend sein, damit auch Personen mit Sehschwäche oder Farbfehlsichtigkeit alles gut lesen können.
Alt-Texte (Alternativtexte) für Bilder sind Pflicht, damit Screenreader & Co. den Inhalt des Bildes vorlesen können. Dabei sollten die Beschreibungen sinnvoll sein, d.h. es sollte nicht eine reine Auflistung von SEO-Keywords sein, sondern sich um kurze, beschreibende Texte handeln.

Achtet auf übersichtliches Layout: große, flächige Bildbereiche ohne ausreichende Kontraste oder überladene Hintergründe können für manche Nutzer*innen unlesbar sein.

Beispiel
Wenn euer Verein neue Fotos vom Sommerfest hochlädt, solltet ihr für jedes Foto einen kurzen Alt-Text (Alternativ-Text) einfügen, etwa „Drei Vereinsmitglieder beim Grillen im Vereinsheim“. So verstehen auch Screenreader-Nutzer*innen, was auf dem Bild zu sehen ist.

2. Bedienbar

Eine Website ist nur dann barrierefrei, wenn Nutzer*innen sie ohne Maus bedienen können – also per Tastatur. Dafür müssen Navigationsmenüs, Links und Buttons nicht nur mit der Maus, sondern auch via Tab-Taste gut erreichbar und per Entertaste ausführbar sein.

Dazu zählen auch großzügige Klickflächen: Vermeidet winzige Buttons oder eng beieinanderliegende Links. Das gilt insbesondere für die Darstellung auf mobilen Endgeräten. Wenn die Links oder Buttons dort zu klein sind, haben beispielsweise Menschen mit einem Tremor Schwierigkeiten, die Links zu treffen. Nutzer*innen müssen genug Zeit haben, um Eingaben zu tätigen oder Seiteninhalte zu lesen. Automatische Weiterleitungen oder kurze Wartezeiten ohne vorherigen Warnhinweis sind kontraproduktiv.

Beispiel
Ein gut bedienbares Anmeldeformular für neue Mitglieder kann mit logischen und gut erkennbaren Tab-Sprüngen und deutlich beschrifteten Feldern umgesetzt werden. Wer nur die Tastatur nutzt, klickt sich so problemlos Feld für Feld durch. Am besten probiert ihr selbst einmal aus, wie gut ihr durch eure Seite ohne Maus navigieren könnt.

3. Verständlich

Sorgt immer für eine klare Sprache: Gerade bei wichtigen Vereinsinfos (Mitgliedschaft, Spenden, Veranstaltungen) ist eine verständliche Ausdrucksweise entscheidend. Verzichtet auf komplizierte Schachtelsätze und Fachbegriffe, die Laien nicht kennen. Was genau unter einfacher Sprache zu verstehen ist, erfahrt ihr auf der Seite von Aktion Mensch >.

Sorgt zudem für eindeutige Links, die erklären, was nach dem Klick passiert. Das gilt auch für die Struktur eurer Seite: Eine logisch strukturierte Seitengliederung (in der Fachsprache mit H1, H2 und H3 gekennzeichnet) hilft nicht nur Screenreadern, sondern allen Besucher*innen.

Beispiel
Wenn ihr Tickets für ein Vereinskonzert anbietet, sollte die Sprachführung eindeutig sein („Ticket hier bestellen“), anstatt kryptische Verlinkungen wie „Klick mich“. Das gilt auch für Fehlermeldungen: Statt „Error #404 – Resource not found“ lieber einen kurzen Hinweis geben, was schiefgelaufen ist und wie man zurück zur Hauptseite gelangt.

4. Robust

Damit eure Vereinswebseite auch auf verschiedenen Endgeräten (Tablet, Smartphone, PC) und mit Screenreadern funktioniert, muss der Code sauber und möglichst standardkonform sein. Text-Eingabefelder müssen mit der richtigen Feldbeschriftung verknüpft sein, Seitenbereiche mit der korrekten Bereichsbeschreibung, JavaScript-Elemente dürfen die Bedienung nicht einschränken; dynamische Inhalte sollten die Seite nicht verändern, ohne dass das z.B. auch Leute mit einer Sehbehinderung mitbekommen. 

Prüft daher regelmäßig, ob eure Webseite barrierefrei bleibt, wenn ihr z. B. ein neues Plugin installiert oder ein CMS-Update durchführt.

Beispiel
Bei einem Upgrade eures Content-Management-Systems (CMS) kann es passieren, dass ein neues Template nicht mehr korrekt mit Screenreadern harmoniert. Ein kurzer Accessibility-Check nach jedem wichtigen Update minimiert solche Probleme.

Worauf solltet ihr euch nun in der Praxis konzentrieren?

Da weder im BFSG bzw. BaFG, der BFSGV noch in der EN 301 549 konkrete Kriterien genannt werden, die ihr einhalten müsst (außer der Pflicht zu einer Barrierefreiheitserklärung), reichte es in der Praxis vollkommen aus, wenn ihr die A und AA-Kriterien der WCAG 2.2 umsetzt. Das ist auch die Empfehlung von Fachstellen und Behörden für alle, die betroffene Produkte und Dienstleistungen anbieten und für die nicht die Kleinstunternehmerregelung gilt.

Bei Unklarheiten könnt ihr euch auch jederzeit an die Bundesfachstelle Barrierefreiheit wenden, die euch dabei unterstützt, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.

Empfohlene Maßnahmen für alle Vereine

Wenn euer Verein nicht verpflichtet ist, die BFSG- bzw BaFG-Regeln einzuhalten (z.B. wegen der Kleinstunternehmerregel oder weil ihr nur Verbraucher in der Schweiz ansprecht), dann könnt ihr trotzdem mit einigen wenigen Maßnahmen viel für Menschen mit Behinderung tun.

Konzentriert euch auf ein paar zentrale Punkte, die ihr mit gesundem Menschenverstand auswählt und mit wenig Aufwand gut umsetzen könnt – auch ohne große technische Vorkenntnisse. Dazu gehören z. B.:

  1. Navigierbarkeit mit der Tastatur: Z.B. Menüs, Knöpfe, Links mit der Tab-Taste auswählen und mit Entertaste ausführen
  2. Beschreibungstexte für Seiten & Bereiche: Z.B. für offene Tabs, den Navigationsbereich, Footer, ein Anmeldeformular, usw. (damit man sich vorlesen lassen kann, wo man ist)
  3. Fokusanzeige: Zeigt, welches das aktive Element der Seite ist (Menü, Link, Button)
  4. Hoher Kontrast: Gute Lesbarkeit durch ausreichende Farbkontraste
  5. Gut lesbare Texte: Große Schriftgrößen und Zeilenabstände
  6. Unterstützung von Screenreadern: Für das Vorlesen von Seiteninhalten
  7. Alternativtexte für Bilder, Icons, Filme: Ein Text, der das Bild, die Bedeutung eines Icons oder den Inhalt eines Films kurz beschreibt.
  8. Untertitel/Transskripte für Filme und Audioinhalte
  9. Multisensorische Hervorhebungen: Nicht nur farbliche Markierung von Links, Feldern mit Fehleingaben, dem aktiven Element, usw. (wegen Farbfehlsichtigkeit)
  10. Barrierefreie Captchas: Die z.B. auch Menschen mit Sehbehinderung nutzen können

Wenn ihr die meisten dieser Maßnahmen umsetzt, seid ihr bereits auf einem sehr guten Weg, eure digitalen Angebote für möglichst viele Menschen zugänglich zu machen und die vier Kernbereiche wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust der WCAG abzudecken.

Software-Tipp:
Viele dieser Punkte erhaltet ihr automatisch, wenn ihr eure Vereinswebseite mit der Vereinssoftware ClubDesk erstellt (1, 2, 3, 4*, 5*, 6, 9, 10). Mit Hilfe von ChatGPT könnt ihr sehr effizient z.B. Bildbeschreibungen erstellen lassen (7) und YouTube erstellt automatisch Untertitel oder Transskripte (8).

*4 und 5 bei der Verwendung der Design-Vorlagen von ClubDesk.

Digitale Hilfsmittel zur Überprüfung des BFSG bzw. BaFG

Ihr habt nun gesehen, auf welche Maßnahmen es bei der Umsetzung des Barrierefreiheitsgesetzes ankommt. Um eine sorgfältige Prüfung der Barrierefreiheit von Websites durchzuführen, stehen diverse spezifische Tools zur Verfügung, die ihr zum großen Teil kostenlos nutzen dürft.

Neben kostenlosen Tools wie Silktide Toolbar >, WAVE > oder Google Lighthouse > gibt es auch professionelle, bezahlpflichtige Lösungen wie Eye-Able Reporter >, das euch am Ende dieses Abschnitts kurz vorgestellt wird. Dies ist aber eher für größere Vereine mit entsprechendem Budget geeignet. Zunächst daher der Fokus nur auf kostenlose Hilfsmittel.

Hilfsmittel für allgemeine Prüfung der Accessibility

Das kostenlose Tool Silktide Toolbar > prüft eure Webseite auf über 200 Anforderungen der „Web Content Accessibility Guidelines WCAG“. Das Tool erstellt dann einen Bericht mit allen Elementen, die für eine gute Accessibility nachgebessert werden sollten.

Hilfsmittel zur Wahrnehmbarkeit

Inhalte sollten für alle Nutzer*innen wahrnehmbar sein, unabhängig von deren sensorischen Fähigkeiten.

WAVE (Web Accessibility Evaluation Tool) > ist ein kostenloses Tool, das Webinhalte auf Barrieren überprüft und visuell darstellt, welche Bereiche verbessert werden sollten. Gebt in der Kopfzeile oben einfach die Webseiten-Adresse eurer Vereinsseite ein. Nach einem Klick erfahrt ihr dann, wo Hürden auf eurer Webseite auftauchen und was ihr verbessern könnt. Wenn ihr lediglich einen Blick auf den Kontrast eurer Webseite werfen wollt, dann ist der Contrast-Checker > eine gute Wahl. Dort erfahrt ihr, ob die Kontraste auf eurer Vereins-Website ausreichen. 

Hilfsmittel zur Bedienbarkeit

Alle Funktionen einer Website sollten für Nutzer*innen leicht bedienbar sein, unabhängig von der verwendeten Eingabemethode. Google Lighthouse > ist ein Open-Source-Tool, das die Qualität von Webanwendungen analysiert, einschließlich der Barrierefreiheit. Es liefert detaillierte Berichte und Verbesserungsvorschläge. Dafür solltet ihr auf der Seite die Erweiterung für Google Chrome herunterladen und installieren. Anschließend navigiert ihr auf die Seite, die ihr analysieren wollt und startet Google Lighthouse. Ein paar Augenblicke später bekommt ihr eine schöne Übersicht, wie es um die Leistung eurer Webseite aussieht.

Hilfsmittel zur Verständlichkeit

Bevor ihr Texte in Leichte oder Einfache Sprache umwandelt, ist es oft hilfreich zu wissen, wie schwer verständlich sie aktuell sind. Dafür gibt es praktische digitale Helfer, die euch eine schnelle Einschätzung zur Lesbarkeit liefern:

  • Flesch-Index (Flesch Reading Ease) >
    Dieses Tool misst die durchschnittliche Anzahl von Wörtern pro Satz sowie die Anzahl der Silben pro Wort. Daraus berechnet es einen Wert auf einer Skala von 0 bis 100: Je höher der Wert, desto leichter lässt sich euer Text lesen.
  • LIX (Lesbarkeitsindex) >
    Ein nützliches Werkzeug, das die Schwierigkeit eines Textes ebenfalls anhand der Satzlänge und Wortkomplexität bewertet. LIX steht online oder als Desktop-Version kostenlos zur Verfügung und gibt schnell Auskunft darüber, ob euer Text kompliziert oder leicht lesbar ist.

Falls ihr bereits Texte in Leichter Sprache erstellt habt und diese nun gezielt überprüfen möchtet, hilft euch zusätzlich ein spezialisiertes Tool:

  • Leichte Sprache prüfen >
    Dieses kostenlose Werkzeug basiert auf dem bekannten Language Tool und wurde speziell entwickelt, um Texte hinsichtlich der Anforderungen für Leichte Sprache zu überprüfen. Eine praktische Auswertung bietet euch unter anderem das sächsische Staatsministerium.
Hilfsmittel zur Robustheit

Inhalte sollten robust genug sein, um von einer Vielzahl von Benutzeragenten, einschließlich assistiver Technologien, zuverlässig interpretiert zu werden.

Die Axe Dev Tools > lassen sich mühelos in eure bestehende Entwicklungsumgebung einbinden und helfen euch, eure Website umfassend auf Barrierefreiheit zu prüfen. Um den Einstieg zu erleichtern, stellt der Anbieter außerdem eine ausführliche Schritt-für-Schritt-Anleitung bereit, mit der ihr alle Funktionen und Prüfmethoden des Tools schnell beherrscht.

Tipp: Für größere Vereine oder Vereine, die einen hohen Anspruch an ihre Barrierefreiheit haben

Wer regelmäßig digitale Inhalte veröffentlichen oder umfangreiche Funktionen barrierefrei gestalten möchte oder muss, kann auf ein professionelles Tool wie Eye-Able > zurückgreifen. Es bietet umfassende Prüf-, Analyse- und sogar Anpassungsmöglichkeiten – direkt auf der eigenen Website. Zudem können Webseitenbesucher*innen z. B. die Schriftgröße oder Kontraste individuell anpassen. Der Anbieter bietet spezielle Konditionen für gemeinnützige Organisationen.

Man sollte sich nicht allein auf automatische Tests verlassen

Automatische Tools sind eine wichtige Unterstützung, um die Barrierefreiheit eurer Website zu verbessern. Sie helfen euch, fast alle Schwachstellen aufzuspüren – etwa fehlende Alternativtexte oder unzureichende Farbkontraste. Trotzdem erfassen solche Programme längst nicht immer alle Hürden.

Einige Probleme werden von technischen Prüftools nicht erkannt, weil diese nicht beurteilen können, ob beispielsweise Informationen ausschließlich über Farbe dargestellt werden, wie bei Fehlermeldungen, die nur rot hervorgehoben sind. Um ganz sicher zu sein, dass eure Website barrierefrei ist, solltet ihr ergänzend manuelle Tests durchführen.

Jemand bedient das Handy und einen Laptop

Praxisleitfaden: Eure Website barrierefrei

Nachdem ihr gesehen habt, woran man eine barrierefreie Website erkennt, geht es nun an einen konkreten 3-Schritte-Fahrplan, damit ihr eure Vereinsseite Schritt für Schritt auf Barrierefreiheit prüfen und optimieren könnt.

Schritt 1: Bestandsaufnahme

Zunächst geht es darum, den Ist-Zustand eurer Website zu ermitteln. Schaut euch eure aktuellen Webseiten, Unterseiten und Dokumente ganz genau an und fragt euch:

Welche „Stolperfallen“ könnten euch betreffen? 

  • Kontraste: Ist die Textfarbe, Farbe von Buttons, Fokusrahmen usw. im Verhältnis zur Hintergrundfarbe ausreichend kontrastreich?
  • Textlesbarkeit: Werden Texte genügend groß und mit ausreichenden Abständen zwischen den Zeilen und Buchstaben angezeigt?
  • Einfache Sprache: Verwendet ihr eine für alle verständliche Sprache, also kurze Sätze, einfache Worte, usw.?
  • Überschriften und Strukturen: Nutzt ihr konsequent H1-, H2-, H3-Titel und Überschriften? Sind Abschnitte klar getrennt oder „versteckt“ in Absätzen?
  • Tastatur-Navigierbarkeit: Lassen sich das Hauptmenü, Links, Knöpfe, usw. nur mit der Maus ansteuern oder auch bequem per Tastatur? Ergibt die Reihenfolge Sinn?
  • Fokusanzeige: Wird klar hervorgehoben, z.B. mit einem Rahmen, welches das aktive Menü, Texteingabefeld, Button, Link, usw. ist? Und geschieht das nicht nur mittels einer Farbe?
  • Beschriftungen: Gibt es Seitenbereiche oder Felder ohne Bezeichnung?
  • Verständliches User Interface (UI): Sind sämtliche Links, Buttons und Fehlermeldungen verständlich, auch wenn man die umgebenden Elemente nicht sieht?
  • Alternative Bildtexte: Habt ihr Bilder sinnvoll benannt, sodass man nur anhand des Textes erkennen kann, was sich darauf befindet?
  • Alternativen für Filme und Audiodateien: Haben eure Filme und Audiodateien Transskripte oder Untertitel?
  • Screenreader-Unterstützung: Funktionieren Screenreader korrekt? Weiß der Screenreader immer, welche Beschriftung zu welchem Feld, Bereich, usw. gehört?
  • Barrierefreie Captchas: Können eure Captchas auch von Menschen mit einer Seh- oder motorischen Behinderung bedient werden?
  • Dokumente (PDFs): Werden sie barrierearm erstellt (z. B. Texte statt Grafiken)? Können Screenreader den Inhalt erfassen?
  • Barrierefreiheitserklärung: Habt ihr eine Barrierefreiheitserklärung und findet man diese?

Nutzt dazu die oben erwähnten digitalen Hilfstools. Alternativ könnt ihr auch die diversen Checklisten nutzen, die das Informations Technik Zentrum des Bundes zu den einzelnen Themen, wie „Farben und Kontraste“ „Bilder und Grafiken“, usw. zur Verfügung stellt. Macht euch während der Bestandsaufnahme stets Notizen von allem, was euch auffällt oder nutzt ein Tool, das einen Bericht erstellt. Danach geht es an die Umsetzung bzw. Verbesserung eurer Seite.

Schritt 2: Verbesserungen umsetzen

Sobald ihr eine Übersicht habt, was ihr verbessern wollt, könnt ihr gezielt Optimierungen angehen. Wichtig ist, dass ihr nicht alles gleichzeitig, sondern schrittweise verbessert, um den Überblick nicht zu verlieren. Geht am besten in dieser Reihenfolge vor:

Technische Kriterien

  • Überschriften und Strukturen: Saubere H1-, H2-, H3-Titel
  • Alternative Bildtexte: Verständliche Beschreibung von Bildern
  • Tastaturnavigierbarkeit: Ansteuern aller Elemente mit der Tastatur
  • Beschriftungen: Für Seitenbereiche, Felder, Icons
  • Screenreader-Unterstützung: Alles kann vorgelesen werden
  • Barrierefreie Captchas: Captchas für Menschen mit Behinderung
  • Barrierefreiheitserklärung: Im Footer aufrufbar
  • Dokumente (PDFs): Auch barrierefrei halten
  • Alternativen für Filme & Audios: Transskripte/Untertitel

Visuelle Kriterien

  • Kontraste: Zwischen Textfarbe, Buttons, usw. und Hintergrund
  • Textlesbarkeit: Große Texte und Zeilenabstände
  • Einfache Sprache: Kurze Sätze, einfache Worte, ...
  • Fokusanzeige: Hervorhebung des aktiven Elements (Menü, Button, ...) 
  • Verständliches UI: Selbsterklärende Buttons, Links, Fehlermeldungen, usw. 
Schritt 3: Testing & Feedback

Selbst, wenn ihr alle offensichtlichen Baustellen behoben habt, empfiehlt sich ein abschließender Test, um sicherzugehen, dass wirklich alles gut bedienbar ist.

Nutzt weiterhin die gezeigten Online-Tools. Aber Achtung: Auch wenn Online-Tools hilfreich sind, können sie nicht alles erkennen. Verlasst euch daher nicht nur auf Tools, sondern auch auf echte Nutzererfahrungen. Macht dann einen Selbsttest mit Tastatur- und Screenreader: Versucht, eure Seite nur mit der Tab-Taste zu bedienen (ohne Maus). Kommt ihr überall hin? Bleibt ihr irgendwo „hängen“? Installiert testweise einen kostenlosen Screenreader (z. B. NVDA für Windows) oder nutzt die in vielen Betriebssystemen integrierte Vorlesefunktion. Ihr merkt schnell, ob Labels fehlen oder die Reihenfolge chaotisch ist.

Lasst euch zudem Feedback von Menschen mit Behinderungen geben. Fragt im Bekanntenkreis oder in der regionalen Selbsthilfegruppe, ob jemand Lust hat, sich eure Website anzusehen und Rückmeldung zu geben. Persönliches Feedback ist oft Gold wert.

Am Ende dieses Prozesses habt ihr eine Website, die voraussichtlich den Anforderungen an Barrierefreiheit deutlich näherkommt – und für alle Menschen einladender wirkt.

Fazit zum BFSG bzw. BaFG für Vereine

Das digitale Barrierefreiheitsgesetz (BFSG bzw. BaFG) gilt auch für Vereine, sobald diese Verbraucher*innen in der EU bestimmte Produkte (Selbstbedienungsterminals, Geldautomaten, usw.) oder Dienstleistungen (Fan-Shop, Kursbuchungen, usw.) anbieten. Ausgenommen sind Vereine, die zwar betroffene Dienstleistungen anbieten, aber unter die Kleinstunternehmer-Ausnahmeregel fallen (<10 Mitarbeitende, ≤ 2 Mio. Euro Umsatz).

Aber auch, wenn die digitale Barrierefreiheit für viele Vereine gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben ist, können Vereine jetzt sehr einfach ihre digitalen Angebote auch Menschen mit Behinderung zugänglich machen. Dafür gibt es seit der Einführung des Gesetzes viele praktische Anleitungen und Software-Tools.

Häufige Fragen zum Thema BFSG und BaFG

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG bzw. BaFG)?

Das BFSG ist die deutsche und das BaFG die österreichische Umsetzung des "European Accessibility Act" (EAA), einer EU-Richtlinie, die zum Ziel hat, Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zugänglicher zu machen. Es soll die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben fördern.

Betrifft das BFSG bzw. BaFG auch unseren Verein?

Das kommt darauf an, was für Produkte und Dienstleistungen ihr anbietet, wem ihr diese anbietet und wie groß euer Verein ist. Hier die entscheidenden Kriterien, die euch zur Einhaltung des BFSG/BaFG verpflichten:

  • Ihr bietet bestimmte Produkte, wie Computer, Ticketautomaten, Selbstbedienungsterminals, Geldautomaten, usw. an.
  • Ihr bietet bestimmte Dienstleistungen, wie Fan-Shop, Kursbuchungen, Platzreservationen, Spendenformular, usw. an.
  • Ihr bietet diese Produkte oder Dienstleistungen Privatpersonen in einem Land der EU an.

Ausnahme: Bietet ihr nur Dienstleistungen an und hat euer Verein weniger als 10 Mitarbeiter und einen Umsatz/Bilanzsumme von höchsten 2 Mio. Euro, seid ihr aufgrund der Kleinstunternehmer-Regelung vom BFSG bzw. BaFG ausgenommen.

Welche Fristen gelten für die Umsetzung?

Das BFSG trat am 28. Juni 2025 in Kraft. Ab diesem Datum müssen neue Produkte und Dienstleistungen, die auf den Markt kommen, die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllen. Für bereits in Betrieb befindliche Selbstbedienungsterminals gibt es längere Übergangsfristen.

Welche konkreten Anforderung muss unsere Webseite erfüllen?

Nach BFSG und BaFG müssen alle betroffenen Webseiten und digitalen Tools die Kriterien der Kategorie A und AA der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) erfüllen. Dazu gehören z.B.

  • Alternative Bildtexte
  • Tastaturnavigierbarkeit
  • Fokusanzeige
  • Screenreader-Unterstützung
  • Hohe Farb-Kontraste
  • Große Texte und Zeilenabstände
  • Barrierefreie Captchas
  • Barrierefreiheitserklärung

Müssen wir unsere ganze Vereinswebseite umbauen?

Wenn das Gesetz für euch gilt und ihr irgendwo auf eurer Webseite eine unter das Gesetz fallende Dienstleistung anbietet, muss die gesamte Webseite barrierefrei sein.

Gibt es finanzielle Förderungen?

Je nach Bundesland oder Kommune können Förderprogramme für barrierefreie Umbaumaßnahmen existieren. Informiert euch am besten bei eurer Stadt, beim zuständigen Landesamt oder bei Beratungsstellen für Barrierefreiheit. In einigen Regionen werden auch Beratungsleistungen gefördert.

Betrifft das BFSG/BaFG unsere aufgelisteten Sponsoren oder Partner?

Grundsätzlich betrifft das BFSG bzw. BaFG eure Dienstleistungen an Verbraucher. Wenn Sponsoren oder Partner (z. B. lokale Unternehmen) eigene Produkte oder Services anbieten, müssen diese selbst prüfen, ob sie unter das BFSG bzw. BaFG fallen. Euer Verein haftet nicht für die Barrierefreiheit anderer Akteure.

Welche Konsequenzen drohen, wenn wir das BFSG bzw. BaFG nicht beachten?

Wenn sich herausstellt, dass ein Verein, der unter das BFSG/BaFG fällt, keine barrierefreien Angebote stellt, kann die zuständige Marktüberwachungsbehörde einschreiten. Im schlimmsten Fall drohen Anordnungen, Bußgelder oder die Untersagung des entsprechenden Dienstleistungsangebots. Es ist daher sicherer (und für euren Ruf besser), rechtzeitig barrierefreie Lösungen zu planen, sofern das BFSG/BaFG auf euch zutrifft.

 

Über den Autor:

 

Vereinswissen Ratgeber Autor Andreas Kling

Andreas Kling

Ob Sekretär oder Präsident – Andreas hatte in diversen Vereinen schon so ziemlich jede Rolle inne und hat sich in den letzten 35 Jahren vornehmlich mit der Führung und Digitalisierung von Unternehmen und Vereinen beschäftigt.

 

Dieser Ratgeber wurde erstellt mit freundlicher Unterstützung von Vogel & Partner Rechtsanwälte mbB.

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